Wer war Clara Zetkin?

 

Projekt Clara Zetkin

Clara Zetkin ist die Namensgeberin unserer Schule. Doch wer war das eigentlich? Mit dieser Frage beschäftigten sich im Schuljahr 2023/24 fünf Schüler unserer Schule im Rahmen eines Projektes. Als Ergebnis dieser Arbeit entstand eine Infowand über Clara Zetkins Leben und Werk für unser Schulhaus, welche man nun in der Frühlingsetage, am mittleren Eingang betrachten kann.

Seit Januar traf sich die Projektgruppe wöchentlich, um die verschiedenen Themen, durch die Arbeit an unterschiedlichen Quellen von und über Clara Zetkin zu erschließen. Die aus dieser Arbeit entstandene Infowand, welche die Erkenntnisse der Projektteilnehmer veranschaulicht, besteht aus vier Infotafeln, die allesamt verschiedene Aspekte ihres Lebens beleuchten.

Die Schüler vertieften während des Projekts ihre Fähigkeiten in der Arbeit mit historischen Quellen, unter anderem in der Analyse von Reden und Schriften Clara Zetkins. Außerdem kamen sie in Kontakt mit umfangreicher Sekundärliteratur über Clara Zetkin, wobei die Schüler die differenzierte Auseinandersetzung mit Publikationen der marxistisch-leninistischen DDR-Geschichtswissenschaft lernten. Überdies kamen sie auch in Berührung mit dem aktuellen Stand der Clara Zetkin Forschung der Nachwendezeit. Aus den bearbeiteten Quellen zogen die Schüler im gemeinsamen Austausch eigene Schlüsse und systematisierten ihr gewonnenes Wissen anschaulich, um dies ansprechend auf Infotafeln zu präsentieren.

Besondere Anerkennung gebührt Max Uhle (9b) und Karl Radke (9b), die beide über die gesamte Projektzeit mit voller Motivation und Einsatzbereitschaft einen großen Beitrag dazu leisteten, dass dieses Projekt realisiert werden konnte und damit ein Ort der Erinnerung an Clara Zetkin geschaffen wurde. Ein Dank gilt auch Paula Priemer (8b), Noah-Finley Wolf (10a) und Maya Kreutzberger (10a), die ebenfalls am Projekt mitwirkten.

Die erste Infotafel richtet ihren Blick auf Zetkins bildungspolitisches Wirken. Schon früh kam die am 5. Juli 1857 geborene Clara Zetkin, deren Vater Volksschullehrer in ihrem Heimatdorf Wiederau war, in Kontakt mit den Missständen des Bildungssystems im Kaiserreich. Zetkin, die von 1874 bis 1878 selbst zur Lehrerin ausgebildet wurde, erkannte früh den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen und entlarvte dabei die Rolle dieses ungerechten Bildungssystems bei der Konservierung der bestehenden Klassengegensätze. Nach Beginn ihrer politischen Karriere setzte sie daher alles daran, ein Bildungssystem zu schaffen, in welchem absolute Chancengleichheit herrscht und nicht die finanziellen Mittel der Eltern über die Zukunft der Kinder entscheiden. Sie war maßgeblich daran beteiligt, dass innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) Anfang des 20. Jahrhunderts eine bildungspolitische Debatte entstand. Deren Resultat war der Entwurf eines ersten sozialistischen Bildungsprogramms. Die darin formulierten Ziele waren für die damalige Zeit völlig neu. Darum brannte unter den Projektteilnehmern natürlich die Frage auf, inwieweit denn unser Bildungssystem heute den Vorstellungen Zetkins entspricht. Der daher angestellte Vergleich brachte überraschende Erkenntnisse und ist auf der Infotafel präsentiert. Einer ihrer Forderungen war unter anderem die Schaffung von Ganztagsschulen. Da unsere Schule diese Idee Zetkins jeden Tag zur Realität werden lässt sahen es die Schüler als ihre Pflicht zu untersuchen, warum sie dieses Modell als so wertvoll erachtete. Dabei viel sofort auf, dass Ganztagsschulen als ein Mittel dienen können, um soziale Ungerechtigkeit in der Schule zu überwinden. Die Forderungen Zetkins wurden zu ihren Lebzeiten leider keine Wirklichkeit. Erst nach und nach wurden in Deutschland einzelne ihrer Ideen in die Tat umgesetzt. Doch bis heute haben wir in Deutschland keine hundertprozentige Chancengleichheit in unseren Bildungseinrichtungen. Es lohnt sich daher sich an ihre Vorstellungen eines gerechteren Bildungssystems zu erinnern und diese neu zu diskutieren.

Den Namen Clara Zetkin verbinden wohl die meisten Menschen mit ihrem Wirken in der Frauenbewegung. Darum beschäftigt sich die zweite Infotafel genau mit diesem Thema. Aus den vielen verschiedenen Episoden, die sich lohnen würden intensiv zu untersuchen, entschieden sich die Projektteilnehmer vor allem dafür, einen genaueren Blick auf die Entstehung des internationalen Frauentags, an welcher sie entschieden mitwirkte, als auch auf die Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ zu richten. Zetkin war von 1891 bis 1917 Redakteurin der Zeitung und baute diese zum wichtigsten Organ der internationalen Frauenbewegung aus. Die entschiedenste Rolle spielte die „Gleichheit“ bei der Mobilisierung und Organisierung von Frauen für die marxistische Idee. Aber auch wichtige Arbeit bei der politischen Bildung von Frauen leistete sie mit ihrer Zeitschrift. Überdies entwarfen die Schüler einen chronologischen Überblick über ihr Wirken in der Frauenbewegung, als auch eine anschauliche Übersicht, welche eingängig die Eckpunkte ihrer frauenpolitischen Forderungen darstellt.

Als einer der schwersten Rückschläge in Clara Zetkins Leben ist ohne Zweifel der Ausbruch des 1. Weltkrieges zu nennen. Jahrelang kämpfte sie für die Wahrung des Weltfriedens und für eine klare antiimperialistische Haltung innerhalb der II. Internationale, nur um dann schmerzerfüllt vor ihren eigenen Augen sehen zu müssen, wie die internationale Arbeiterbewegung vor der nationalen Kriegshysterie kapituliert. Ein Fließschema auf der dritten Infotafel thematisiert die Aktionen, die Zetkin unternommen hat, um den Frieden zu sichern. Damit machte sich auch nach Ausbruch des 1. Weltkrieges keinen Halt. In dieser aufopferungsvollen Tätigkeit liegt einer ihrer größten Verdienste. Ohne Rücksicht auf ihre eigene Person unternahm sie alles in ihrer Macht Stehende, um das Proletariat auf die Lügen hinzuweisen, welche die kaiserliche Regierung ihnen auftischte. Als besonderer Ausdruck dieses ungeteilten Klassenbewusstseins steht der „Berner Appell“, dieser wurde von den Teilnehmerinnen der „Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz“ in Bern 1915 verabschiedet. Die Konferenz war zugleich die erste, welche Frauen aus allen kriegführenden Ländern vereinte und für eine Beendigung des imperialistischen Weltkrieges aufrief. Der Aufruf des von Clara Zetkin organisierten Kongresses, enthält die wichtigsten Aspekte ihrer Analyse des ersten Weltkrieges. Aus diesem Grund untersuchten die Teilnehmer des Projekts den Inhalt dieses Appells ganz genau, um auf den Kern ihrer Kritik zu stoßen. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich ebenfalls auf der Infotafel nachlesen.

Ihr gesamtes Leben und Wirken spielte sich in der Arbeiterbewegung ab. Die organisierte Arbeiterbewegung bot ihr die politische Heimat, um einen erfolgreichen Kampf für die unterdrückten Teile der Gesellschaft zu führen. Dabei war auch Clara Zetkin oft mit innerparteilichen Konflikten konfrontiert, denen sie keinen Falls aus dem Weg ging. Nicht selten stand Zetkin mit ihren Positionen allein da, doch niemals ließ sie sich in ihren eigenen Überzeugungen beirren. So eben auch in Bezug auf den ersten Weltkrieg, als der Großteil der SPD ganz im Sinne des Burgfriedens die Waffen streckte und den Kaiser mit seinen imperialistischen Expansionsplänen gewähren ließ. Zetkin blieb ihrer antiimperialistischen Haltung, wie bereits beschrieben, trotz alledem treu. Dies hatte zur Folge, dass erhebliche theoretische Differenzen zwischen ihr und der SPD auftraten. In die Hintergründe für den daraus 1917 folgenden Bruch mit der SPD tauchten die Projektteilnehmer genauer ein. In der am 01.01.1919 von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gegründeten KPD fand Zetkin unterdessen ihre neue Heimat. Doch auch hier geriet sie schnell in Opposition zur Parteilinie. Die während der zwanziger Jahre immer weiter zunehmende Einflussnahme der Sowjetunion auf die KPD und die damit einhergehende Stalinisierung der Partei stand in völligem Gegensatz zu Zetkins Vorstellungen einer demokratisch organisierten Partei. Inwiefern und in welchem Ausmaß sich der Wandel des Charakters der KPD vollzog war ein weiterer Punkt, welchen die Schüler untersuchten. Gegen Ende der 20er Jahre wurde Zetkin in der KPD zunehmend isoliert. Während die KPD immer mehr zu einer Marionettenpartei Moskaus wurde erlebte auch der Faschismus in Deutschland einen rasanten Aufstieg. Darum widmet sich die Infotafel über ihr Wirken in der Arbeiterbewegung auch ihrer Faschismusanalyse. Denn Zetkin erkannte als eine der ersten die Gefahren, welche vom aufstrebenden Faschismus ausgingen. Ihre Warnungen blieben allerdings zu lange unbeachtet. Ein letztes eindrucksvolles Aufbäumen gegen die Faschisten zeigte sie mit ihrer kraftvollen Rede als Alterspräsidentin im Reichstag am 30. August 1932, dabei enthüllte sie ungeschönt den ganzen Charakter der faschistischen Bewegung in Deutschland, trotz ihres zu dieser Zeit schweren gesundheitlichen Zustandes. Am 20. Juni 1933 stirbt Clara Zetkin in Archangelskoje bei Moskau. Ihr politischer Einsatz für die Emanzipation der Arbeiterklasse und für die volle Gleichberechtigung der Frau wirkt bis heute nach. Ihre Ideen sind immer noch von großer Aktualität. Auch heute kämpfen die Frauen noch für ihre Gleichberechtigung und auch heute leben noch viele Menschen in Ausbeutung. Die Auseinandersetzung mit Clara Zetkin kann uns dabei helfen Ansätze für die Lösung dieser Probleme zu finden, an deren Lösung uns allen gelegen sein sollte.

geschrieben von Johann Richter (Projektleiter)

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